Pressemitteilung des IKG: „Interkultureller Garten in Gefahr“
Derzeit steht nichts minder auf dem Spiel als der Fortbestand des Ehrenamts- und Gemeinschaftsprojektes und Rückzugsraumes „Interkultureller Garten Rostock“. Doch der Reihe nach: Seit 2011 gibt es den Interkulturellen Garten (IKG) auf dem ehemaligen Schulgartengelände am „Groten Pohl“. Seither haben hier zahlreiche Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur viele gemeinsame und schöne Stunden beim Gärtnern, Genießen der Natur, Backen von Brot und Pizza, Musizieren oder einfach nur im gemütlichen Beisammensein verbracht. Die Bedeutung für einen solchen Treffpunkt, der für alle Menschen ein Aufenthaltsort ohne Angst und Ausgrenzung ist, hat die Rostocker Bürgerschaft 2016 mit einem Beschluss unterstrichen. In dem Beschluss wird festgestellt, dass dem Rostocker IKG, der einer von wenigen in Deutschland ist, eine besondere Bedeutung im Stadtleben zukommt. Dies alles könnte bald Geschichte sein.
Auch die Verleihung des Richard-Siegmann-Preises im vergangenen Jahr findet ihre Begründung hierin. Und die Bedeutung des IKG als wichtiges Naturelement im innerstädtischen Bereich, mit seiner Blütenvielfalt als Rückzugsort für die immer stärker bedrohten Insekten und Vögel, ist wegen der extensiven, ökologischen Bewirtschaftung unseres Gartens nicht außer Acht zu lassen. Deshalb soll ihm im Bebauungsplan für die zukünftige Wohnbebauung des „Groten Pohls“ – durch neuerliche Bürgerschaftsbeschlüsse erneut bekräftigt – ein Platz eingeräumt werden, wenn auch innerhalb der Fläche etwas verschoben.
Der Beschluss der Bürgerschaft im letzten Jahr hatte alle interkulturellen GärtnerInnen Rostocks aufatmen lassen. Man hatte doch schon über mehrere Jahre „wie auf gepackten Koffern“ gesessen, aber trotzdem gehofft, dass wenigstens dieses Stück Natur und Rückzugsraum dort in dem neu geplanten Wohngebiet eine Zukunft finden wird. Ganz anders soll es nun voraussichtlich das Schicksal der vielen Kleingärten um den Interkulturellen Garten sein. Der IKG bedauert es sehr, wenn diese unsere Nachbarn tatsächlich weichen müssen.
Doch bis zum Beginn der Bauarbeiten, die den Startschuss zum Umzug des IKG auf seine endgültige Fläche innerhalb des Bebauungsgebiets geben wird, kann es noch gut zwei Jahre dauern. Eine Zeit, die es zu überbrücken gilt, will man die Gartengemeinschaft und das Projekt erhalten. Ein zwischenzeitlich erzwungener Umzug auf eine entfernte Fläche, würde alles gefährden, weshalb diese Möglichkeit von Seiten des IKG ausgeschlossen wird. Und doch scheint im Moment genau diese Gefahr zu bestehen.
Der IKG befindet sich zwar auf stadteigenem Grund, doch ist er nicht der Hauptpächter. Hauptnutzerin der alten Schulgartenfläche – und die Nachfolgerin der insolventen HWBR – ist die Hotel- und Wirtschaftsschule (HWS). Der IKG nimmt etwa 1/5 dieser gesamten Fläche ein. Seit der Insolvenz des Vorgängers hat der IKG 1 1⁄2 Jahre lang die HWS um einen Nachfolgevertrag gebeten und mehrfach erinnert. Dieser wurde dem Gartenprojekt bisher unter Anführung allerlei schwer nachvollziehbarer Gründe verwehrt. Vertragsangebote, die dann kamen, waren aufgrund unannehmbarer Bedingungen nicht abschließbar. Vielfaches Entgegenkommen und Kompromissbereitschaft des IKG wurden meist ignoriert, und waren regelmäßig gefolgt von nicht nachvollziehbaren, sprunghaften Veränderungen der Forderungen mit zudem meist sehr kurzen Fristen.
Erst sollte eine höhere Pacht, dann wieder eine geringere gezahlt werden. Stattdessen sollte Nutzungsmiete für Bauwägen gezahlt und deren Reparatur verantwortet werden. Dann stand die Bedingung des Baues eines Grundstück internen Zaunes samt Tor im Raum. Nachdem der IKG sich bereit erklärte, den Zaun zu bauen – erste Angebote waren schon eingeholt – war diese Forderung wieder hinfällig. Zahlreiche Emails und Gespräche, zuletzt auch gemeinsam mit Vertretern der KOE, dem stadteigenen Verwalter der Fläche, führten ins Leere. Nach mehrmaligen Ankündigungen, dass sie keinen Bedarf für die gesamte Fläche am „Groten Pohl“ hätte und beim KOE die komplette Fläche kündigen wolle (zuletzt im Mai), hat die HWS wenige Tage später nun Eigenbedarf für mehrere eigene Integrationsprojekte angemeldet.
Damit ging eine Kündigung inklusive einer Räumungsandrohung für die Fläche des IKG einher. Und dies, obwohl einer gemeinsamen Nutzung des überaus großen Geländes durch mehrere Projekte nichts Rationales im Wege steht. Das aktuelle Angebot einer vorübergehenden Duldung durch einen befristeten Vertrag mit der HWS bis Ende Oktober 2017, ist für den IKG nicht annehmbar, da damit das Ende des IKG verschriftlicht und damit „besiegelt“ wäre. Dieses Angebot schließt explizit eine Weiternutzung „schon jetzt“ (Zitat) aus.
Da alle gütlichen Einigungsversuche fehlgeschlagen zu sein scheinen, bleibt im Moment für den Garten nur der Weg des Appells an die offizielle Stadtpolitik, sich abermals zum Verbleib des IKG auf der stadteigenen Fläche zu bekennen und für eine Übergangslösung bis zum endgültigen B-Plan gemäßen Standortwechsel einzusetzen. Erste Schritte wurden bereits eingeleitet. Zur Bürgerschaftssitzung am 14. Juni wurden gleich zwei Anträge, zum einen von der SPD-Fraktion, zum anderen von der Verwaltung im Auftrag der Grünen-Fraktion, eingebracht. Beiden Anträgen wurde mehrheitlich zugestimmt, sodass die erste Hürde genommen wurde. Die GärtnerInnen des IKG sind darüber natürlich hoch erfreut und warten nun hoffentlich nur noch kurze Zeit auf ihren neuen Vertrag – mit der HWS oder direkt mit der KOE.
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